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Urteil des AG Celle zur Berechnungsfähigkeit der GOZ-Nr. 2197 im Zusammenhang mit Einlagefüllungen und Kompositrestaurationen in Adhäsivtechnik

Am 11.11.2014 hat das Amtsgericht Celle ein Urteil (13 C 1449/135.2) zur Berechnungsfähigkeit der GOZ-Nr. 2197 im Zusammenhang mit Kompositrestaurationen in Adhäsivtechnik und Einlagefüllungen gefällt. Ein Patient hatte auf Anraten seiner Versicherung den Ausgleich einer offenen Restforderung mit dem Argument verweigert, die Gebührenziffern 2197 GOZ seien zu Unrecht abgerechnet worden. In der Sache ging es um die Berechnungsfähigkeit der GOZ-Nr. 2197 (adhäsive Befestigung) im Zusammenhang mit Kompositfüllungen in Adhäsivtechnik (GOZ-Nrn. 2100, 2120) und Einlagefüllungen (GOZ-Nrn. 2160, 2170). Dem Urteil vorausgegangen war ein Sachverständigengutachten, dem sich das Gericht vollumfänglich anschloss.

Tatbestand:

Die Klägerin klagt aus abgetretenem Recht des Zahnarztes Dr. , der den Beklagten im Jahr 2012 zahnärztlich behandelte. Die Leistungen wurden dem Beklagten mit Rechnung-Nr. 519227/12 vom 14.12.2012 (BI. 30 ff. d. A.) mit insgesamt 13.006,22 EUR in Rechnung gestellt.

Der Beklagte leistete folgende Zahlungen:

09.01.2013:11.394,91 EUR
17.01.2013:733,81 EUR
09.07.2013:75,52 EUR
Gesamt:12.204,24 EUR

Die Zahlung der restlichen 801,98 EUR verweigerte der Beklagte auf Anraten seiner privaten Krankenversicherung mit der Begründung, die Gebührenziffern 2197 GOZ (insgesamt 378,01 EUR) und 2130 GOZ analog (insgesamt 423,97 EUR) seien zu Unrecht abgerechnet.

Die Klägerin behauptet, die in der streitgegenständlichen Rechnung mehrfach aufgeführten Gebührenpositionen 2197 GOZ und 2130 GOZ analog seien zu Recht in Rechnung gestellt worden.

Die Klägerin beantragt,

den Teil-Vollstreckungsbescheid des Amtsgericht Stuttgart vom 06.08.2013, Az. 13-9083445- 05-N, bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin weitere 801,98 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.03.2013 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

den Teil-Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der dem Teil-Vollstreckungsbescheid vorangegangene Mahnbescheid ist dem Beklagten am 16.07.2013 zugestellt worden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 25.02.2014 (BI. 73 f. d. A). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. vom 18.05.2014 (BI. 87 ff. d. A.) samt ergänzender Berechnung vom 10.09.2014 (BI. 120 d. A.) sowie das Sitzungsprotokoll vom 09.09.2014 (BI. 114 ff. d. A) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache überwiegend Erfolg.

I. Die Klage ist zum größten Teil begründet.


Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung weiterer 784,47 EUR für die Erbringung zahnärztlicher Leistungen aus dem Behandlungsvertrag mit dem Zahnarzt Dr. aus abgetretenem Recht.


Rechnung-Nr. 519227/12 vom 14.12.2012

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die folgenden Gebührenpositionen aus der Rechnung vom 14.12.2012 in Abzug zu bringen sind:

07.02.2012 Zähne 14, 15, 16, 17 Geb.-Nr. 2180 GOZ 118,16 EUR
Zähne 14, 15, 16, 17 Geb. Nr. 2197 GOZ 102,36 EUR
22.03.2012 Zahn 24 Geb.-Nr. 2090 GOZ 58,45 EUR
Zahn 25 Geb.-Nr. 2110 GOZ 62,79 EUR
Zähne 26, 27 Geb.-Nr. 2090 GOZ 175,35 EUR
Zähne 24, 25, 26, 27 Geb.-Nr. 2197 GOZ 102,36 EUR
23.04.2012 Zahn 28 Geb.-Nr. 2180 GOZ 29,54 EUR
Zahn 28 Geb.-Nr. 2197 GOZ 25,59 EUR
Abzugsbetrag Gesamt 674,60 EUR


Die weiteren berechneten Gebührenpositionen sind hingegen nicht zu beanstanden. Zu dieser Auffassung gelangt das Gericht aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. . Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten und im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens nachvollziehbar dargelegt, weshalb die vorgenannten Gebührenpositionen zu Unrecht berechnet wurden. Das Gericht schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen vollumfänglich an. Im Einzelnen:

Die Geb.-Nr. 2180 GOZ kann hinsichtlich der Behandlungen der Zähne 14, 15, 16, 17 am 07.02.2012 und des Zahnes 28 am 23.04.2012 nicht angesetzt werden, weil vorliegend nicht die Vorbereitung eines Zahnes zur Aufnahme einer Krone erfolgte, sondern vielmehr die Vorbereitung eines Zahnes zur Aufnahme einer Einlagefüllung. Die Leistungsbeschreibung der Geb.-Nr. 2180 GOZ stellt aber ausdrücklich auf die Vorbereitung eines Zahnes zur Aufnahme einer Krone ab. Folglich kann auch die Geb.-Nr. 2197 GOZ, die eine Art Zuschlag zur Abgeltung des erforderlichen Mehraufwandes für eine adhäsive Befestigung gegenüber der konventionellen Klebung darstellt, hier nicht in Verbindung mit der Geb.-Nr. 2180 GOZ berechnet werden.

Die Berechnung der Geb.-Nr. 2197 GOZ als Zuschlag für die Behandlung der Zähne 24, 25, 26, 27 am 22.03.2012 ist zu Unrecht erfolgt, da bereits die Geb.-Nr. 2090 GOZ (Zähne 24, 26, 27) und die Geb.-Nr. 2110 GOZ (Zahn 25) nicht zu berechnen waren. Erbracht wurden Kompositrestaurationen in Adhäsivtechnik. Bei solchen sind vielmehr die Geb.-Nr. 2100 GOZ (Zähne 24, 26, 27) bzw. die Geb. Nr. 2120 GOZ (Zahn 25) zu berechnen, die die Anwendung der Adhäsivtechnik bereits obligat umfassen, so dass daneben eine Berechnung der Geb.-Nr. 2197 GOZ nicht möglich ist.

Die Berechnung der Geb.-Nr. 2197 GOZ für die Behandlung am 08.02.2012 an Zahn 14 neben der Geb.-Nr. 2160 GOZ und an den Zähnen 15, 16, 17 neben der Geb.-Nr. 2170 GOZ ist hingegen nicht zu beanstanden. In den Fällen, in denen sowohl eine konventionelle Klebung als auch eine adhäsive Befestigung möglich ist, ist bei adhäsiver Befestigung die Geb.-Nr. 2197 GOZ neben der Grundleistung zu berechnen. Dies ist hier der Fall. Aus demselben Grund ist die Berechnung der Geb.-Nr. 2197 GOZ für die Behandlung am 24.04.2012 an den Zähnen 24, 25, 26, 27 neben der Geb.-Nr. 2170 GOZ und an Zahn 28 neben der Geb.-Nr. 2150 GOZ nicht zu beanstanden.

Die Berechnung der Geb.-Nr. 2130 GOZ analog für die Behandlung der Zähne 21-28,31-36, 38,41-48 am 21.02.2012 und der Zähne OK, 31-36, 38, 41-48 am 27.08.2012 ist nicht zu beanstanden. Die vorgenommene Entfernung subgingivaler Beläge wird nicht von der Geb.-Nr. 1040 GOZ erfasst; die Geb.-Nr. 1040 GOZ erfasst das Entfernen supragingivaler/gingivaler Beläge. Die Entfernung subgingivaler Beläge unterfällt nicht den Geb.-Nrn. 4070, 4075 GOZ. Die Geb.-Nrn. 4070, 4075 GOZ erfassen eine paradontalchirurgische Therapie, bei der über die Belagentfernung hinaus ein Abtrag von Wurzelelementschichten, eine Wurzelglättung und ein Ausschälen des entzündlich infiltrierten Bindegewebes erfolgen. Die hier vorgenommene subgingivale Belagentfernung stellt keinen solchen chirurgischen Eingriff dar.

Hinsichtlich der am 22.03.2012 erfolgten Behandlung der Zähne 24-27 sind jedoch die Geb.-Nr. 2100 GOZ (Zähne 24, 26, 27) und die Geb.-Nr. 2120 GOZ (Zahn 25) einschlägig, so dass insoweit ein Betrag von 657,09 EUR zu berechnen ist (Zahn 24: 126,38 EUR, Zahn 25: 151,57 EUR, Zähne 26, 27: 379,14 EUR). Dies ergibt sich aus der ergänzenden Berechnung des Sachverständigen vom 10.09.2014, der die Parteien nicht entgegengetreten sind.

Von dem Restbetrag von 801,98 EUR sind folglich 674,60 EUR in Abzug zu bringen und 657,09 EUR zu addieren, so dass sich eine Restforderung der Klägerin von 784, 47 EUR ergibt.

Der Betrag ist auch fällig. Eine den formellen Anforderungen des § 10 Abs. 2 bis 4 GOZ genügende Rechnung lag mit der Rechnung vom 14.12.2013 vor. Die Fälligkeit der Vergütung hängt davon ab, dass die Rechnung die formellen Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 bis 4 GOZ erfüllt. Zweck der Regelung über den notwendigen Inhalt einer Rechnung ist es, dem Zahlungspflichtigen, von dem weder medizinische noch gebührenrechtliche Kenntnisse erwartet werden können, eine Grundlage für eine Überprüfung der in Rechnung gestellten Leistungen zu geben (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2006 - 111 ZR 117/06 für § 12 GOÄ). Steht die Prüffähigkeit einer in Rechnung gestellten ärztlichen Leistung im Vordergrund, kommt es für die Fälligkeit der Forderung nicht darauf an, ob der in Anspruch genommene Gebührentatbestand berechtigt ist. Hält der Zahlungspflichtige die Berechnung für unbegründet, besteht kein Anlass, die Durchsetzung der Forderung im Rechtsweg etwa mit der Überlegung zu verzögern oder zu erschweren, der Arzt müsse zur Herbeiführung der Fälligkeit seinerseits die Berechtigung des in Anspruch genommenen Gebührentatbestands überprüfen und gegebenenfalls einen anderen (neu) in Rechnung stellen. Die Fälligkeit setzt deswegen nicht voraus, dass die Rechnung (in dem fraglichen Punkt) mit dem materiellen Gebührenrecht übereinstimmt (vgl. BGH, aaO).

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288, 291 BGB. Soweit die Klägerin Verzugszinsen ab dem 20.03.2013 begehrt, können diese nicht für die nachberechneten Gebührenpositionen verlangt werden, da insoweit kein Verzug vorlag. Ein Zahlungspflichtiger kann nicht mit der Bezahlung einer ärztlichen Leistung in Verzug geraten, die ihm nicht zuvor berechnet worden ist, § 286 Abs. 4 BGB. Dem Zahlungspflichtigen obliegt es nicht, eine ärztliche Gebührenrechnung unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob der verlangte Betrag auch nach anderen Gebührenpositionen begründet sein könnte (vgl. BGH aaO). Für die nachberechneten Positionen können daher nur Prozesszinsen verlangt werden.

II. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III. Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Parteien vom 14.10., 03.11 und 06.11.2014 gaben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Ein Fall des § 156 ZPO liegt nicht vor. Eine Wiedereröffnung ist auch nicht nach § 156 Abs. 1 ZPO geboten.

Rechtsbehelfsbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat einzulegen bei dem Landgericht Lüneburg, Am Markt 7,21331 Lüneburg.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung zu diesem Urteil zugelassen hat.
Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.
Darüber hinaus kann die Kostenentscheidung isoliert mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Celle, Mühlenstraße 8, 29221 Celle oder dem Landgericht Lüneburg, Am Markt 7,21331 Lüneburg einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung.
Die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR und der Wert des Beschwerdegegenstandes in der Hauptsache 600 EUR übersteigt. Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle der genannten Gerichte eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei einem der genannten Gerichte ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.
Die Beschwerde soll begründet werden.

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