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LG Hildesheim bestätigt: GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 berechenbar

Nachdem das AG Pankow/Weißensee am 10.01.2014 (Az.: 6 C 46/13), das AG Recklinghausen am 19.12.2013 (Az.: 54 C 117/13) sowie das Amtsgericht Bayreuth mit Urteil vom 27. Februar 2014 (Az.: 107 C 1090/13) feststellten, dass neben der GOZ-Nr. 6100 für ein Klebebracket auch die GOZ-Nr. 2197 für dessen adhäsive Befestigung berechnet werden kann, hat auf Landgerichtsebene das LG Hildesheim am 29.07.2014 (Az.: 1 S 15/14) diese Sichtweise noch einmal bestätigt:

„Der Wortlaut der Gebührennummer 6100 lautet nämlich: "Eingliederung eines Klebebrackets zur Aufnahme orthodontischer Hilfsmittel" und erfasst mithin ausdrücklich das Eingliedern selbst als Leistung, ohne die Art und Weise der Eingliederung festzulegen. Zwischen den Parteien unbestritten ist, dass eine Eingliederung sowohl durch die adhäsive Befestigung, als auch durch ein Verkleben mittels Glasionemerzement möglich ist. D.h. unabhängig davon, ob beide Möglichkeiten ein Verkleben darstellen, ist eine verschiedene Ausführung der Eingliederung möglich.
Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts vertritt die Kammer die Auffassung, dass die Gebührennummer 2197 neben der Gebührennummer 6100 der Anlage 1 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) bei der Einbringung von Brackets mittels Adhäsionstechnik abrechenbar ist. Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 S.2 GOZ steht dem nicht entgegen.“

Drei wichtige Abwägungen des Gerichts, die grundsätzliche Aussagen beinhalten:


1. Die Leistungsaufzählung bei der GOZ-Nr. 2197 ist nicht begrenzt.

„Eine Betrachtung des Wortlauts der Gebührennummer 2197 führt zu der Feststellung, dass diese grundsätzlich auch bei der Eingliederung von Brackets zur Anwendung kommen kann. Denn die Aufzählung der Leistungen ist lediglich enumerativ, aber eben nicht abschließend.“

2. Auch im kieferorthopädischen Bereich berechenbar:

„Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts rechtfertigt die Betrachtung der Systematik der GOZ indes einen Ausschluss der Anwendbarkeit der Gebührennummer 2197 im Rahmen einer Kieferorthopädischen Behandlung nicht. Es ist zwischen den Parteien unbestritten, dass auch die Gebührennummer 2000 (Glattflächenversiegelung) aus Abschnitt C im Rahmen der streitgegenständlichen Behandlung abrechenbar ist. Insoweit ist dem Kläger zuzustimmen, dass die Ordnung der Gebührenziffern in Abschnitte nicht unter dem absoluten Aspekt zusammengehörender Behandlungskonzepte erfolgt sein kann.“

3. Der erhöhte Leistungsaufwand für die adhäsive Befestigung müsste sich in der Bewertung der GOZ-Nr. 6100 niederschlagen.

„Eine weitergehende systematische Betrachtung der Gebührennummern der GOZ führt jedoch zu der Feststellung, dass die adhäsive Befestigung im Rahmen einer Vielzahl von Leistungen gesondert aufgeführt und mit einer gesteigerten Punktzahl bemessen ist. Dies ergibt sich zum Beispiel aus einem Vergleich der Gebührennummer 2050 zu 2060 oder 2070 zu 2080. Der Leistungstext dieser zu vergleichenden Gebührennummern stimmt grundsätzlich überein und unterscheidet sich ausschließlich hinsichtlich des Konditionierens mittels Adhäsivtechnik. Dies führt zu einer nicht nur unerheblichen Steigerung der Punktzahl, z.B. von 213 Punkte für die Gebührennummer 2050 auf 527 Punkte für die Gebührennummer 2060 und spricht dafür, dass die adhäsive Technik eine besondere ist, die durch eine gesteigerte Punktzahl zu bemessen ist.“

So ergibt es sich auch aus der Entwurfsbegründung für den Referentenentwurf einer Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Zahnärzte vom 24.03.2011. Dort heißt es ausdrücklich, dass die Gebührennummer 2197 den Mehraufwand für eine adhäsive Befestigung abgelten soll. Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt die Gebührennummer 6100, so ist dem Kläger zuzustimmen, dass bei der in 2197 genannten Punktzahl von 130 für die Vornahme einer adhäsiven Befestigung, von der in Gebührennummer 6100 genannten Punktzahl von 165 lediglich 35 Punkte für die sonstigen Leistungen verblieben. Gern. § 5 GOZ entspricht 1 Punkt einem Wert von 5,62421 ct., d.h. bei 2,3 Faktor lediglich 4,53 EUR. Darin müßten bereits Sämtliche Material- und sonstige Vorhaltekosten enthalten sein sowie die Vergütung für Sämtliche weiteren vor- und nachbereitenden Tätigkeiten. Dies wird dem Anspruch des behandelnden Arztes auf eine angemessene Vergütung nicht gerecht. Auch die Ansicht der Beklagten, dass dies bei einer pauschalen Berechnung durch die Ärzte hinzunehmen sei, überzeugt die Kammer nicht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass bei einer Betrachtung der Punktzahl gemäß § 4 Abs. 2 S. 4 GOZ die adhäsive Befestigung gerade nicht in der Bewertung der Gebührennummer 6100 berücksichtigt wurde.“

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